Vom Kopf auf die Füße: Kommunizieren in der Organisation managen

Vom Kopf auf die Füße: Kommunizieren in der Organisation managen
Bild: Pexels

„Interne Kommunikation? Die kannst Du bei uns vergessen. Hier klappt rein gar nichts.“ Es ist schmerzhaft, dass in nahezu jedem Unternehmen die interne Kommunikation als Missstand auf einem der vorderen Plätze rangiert. Dies allein den IK-Bereichen und damit der zentralseitig exekutierten unternehmensinternen Kommunikation anzulasten, springt jedoch viel zu kurz: Die organisationsinterne Kommunikation ist weitaus umfangreicher und vielfältiger, als es eine Zentralkommunikation sein kann. Und birgt ungeheure Effizienz- wie Effektivitätspotentiale.

Denn innerhalb einer Organisation wird andauernd kommuniziert. Und zwar von jeder*jedem: Terminklärungen, inhaltliche Absprachen, Abstimmen über die Erledigung von Aufgaben, Informieren über geplante Maßnahmen, Koordinieren von Aktivitäten, Teilnahme an Meetings, Projektergebnisse präsentieren und so fort. Selbst die einsam forschende Entwicklerin nutzt Erkenntnisse, wie sie in Berichten, Auswertungen, in Zahlenreihen oder Texten abgelegt sind – nichts anderes als geronnene Kommunikation. Und produziert ihrerseits genau das: Berichte, Zahlenreihen, Einschätzungen – die wiederum anderen vorgelegt werden, um dort beispielsweise einen Entscheidungsprozess zu ermöglichen. Fast unnötig darauf hinzuweisen, dass auch diese Entscheidungsprozesse kommunikativ getragen sind. Es existiert vermutlich in keinem Unternehmen dieser Welt irgendein Prozess, der komplett kommunikationslos ausgeführt werden könnte. Mindestens aber ist jeder Prozess in kommunikativ getragene Prozessketten eingewoben.

Ich fasse diese unzähligen und mannigfaltigen Kommunikationen unter dem Term „Prozesskommunikation“ zusammen. Bei Prozesskommunikation handelt es sich also um solche Kommunikation, die im Zusammenhang der Erledigung der gestellten Aufgaben ausgeführt wird. Wie gezeigt, passiert genau das permanent und so gilt: Prozesskommunikation ist allgegenwärtig, in jeder Organisation.

Deshalb „macht“ nicht eine vergleichsweise kleine Gruppe von Personen – gemeint: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunikationsbereiche – die Kommunikation. Zwar wird hier durchaus Kommunikation „gemacht“, aber eben nicht nur hier. Und auch „nur“ eine besondere Form der organisationsinternen Kommunikation, die ich als „Zentralkommunikation“ bezeichne und damit von der Prozesskommunikation abgrenze. Unter Zentralkommunikation verstehe ich solche kommunikativen Handlungen, die von einer zentralen Stelle (wie beispielsweise der Kommunikationsabteilung) inszeniert und betreut werden und an organisationsinterne Zielgruppen gerichtet sind. Über Medien wie Mitarbeiterzeitung, Aushänge, Flyer, Social Media, die Mitarbeiter-App, das Intranet etc. werden zentrale Botschaften der Unternehmensleitung vermittelt und „in die Mannschaft“ gebracht.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Keineswegs stelle ich die Bedeutung der Zentralkommunikation in Abrede. Selbstverständlich ist es für jede Organisation wesentlich, dass sie eine zentral gesteuerte Kommunikation über ihre Werte, Ziele, die neue Strategie und viele andere Themen führt. Mir geht es darum, die professionelle Verblendung zu attackieren, die auch schon mal in Selbstüberhöhung münden kann: Es ist ganz einfach falsch, lediglich die professionell betriebene Zentralkommunikation als allein existierende Kommunikation anzusehen. Was daran schlimm ist? Es entzieht einen riesengroßen Bereich kommunikativen Handelns, nämlich die Prozesskommunikation, den Prinzipien und Methoden moderner Managementkonzepte. Und es führt dazu, dass falsche Schlüsse gezogen werden.

Ich habe nicht nur einmal feststellen müssen, dass gerade die Kommunikationsprofis Schwierigkeiten haben, die Relevanz der Prozesskommunikation nachzuvollziehen. „Das ist nicht unsere Aufgabe“, höre ich, wenn es um die Prozesskommunikation geht.

Tatsächlich? Wer beansprucht denn, „Macher“ der internen Kommunikation zu sein? Deutet sich da womöglich Ignoranz, gar Arroganz an? Auch die interne Kommunikation wird auf „make or buy“ untersucht – reicht es auch künftig, die eigene Rolle weiterhin auf die der internen Medienmacher zu reduzieren?

Ich prognostiziere, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis Controller die Relevanz der Prozesskommunikation erkennen. Für die Profis der Zentralkommunikation ergibt sich daraus die Notwendigkeit eines nächsten Schritts in Richtung Professionalität: Es bedarf der Fähigkeit des Perspektivwechsels hin zu den Adressaten ihrer Zentralkommunikation, die im Alltag der Prozesskommunikation genau diese Professionalität benötigen, die in der Zentralkommunikation selbstverständlich geworden ist. Damit entsteht eine neue Rolle für die Kommunikationsabteilungen, nämlich die Rolle als interne Kommunikationsberater im Sinne der Facilitation: Es gilt, die Akteure in ihrer alltäglichen Kommunikation zu unterstützen. Und damit das unternehmensinterne Kommunikationsgeschehen vom Kopf auf die Füße zu stellen.

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