Co-Leadership – auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit
Die Arbeitswelt ist im Wandel und fordert zunehmende Flexibilisierung der Arbeits- und Führungsmodelle. Co-Leadership und Jobsharing erfreuen sich dabei steigender Beliebtheit. Doch was genau verbirgt sich dahinter, welche Vorteile bringt es und wie ist die beste Umsetzung?
Der demographische Wandel sorgt dafür, dass Unternehmen die Veränderungen der gesellschaftlichen und globalen Rahmenbedingungen spüren: in Regionen wie Deutschland schrumpft die Bevölkerung kontinuierlich, bis 2030 werden minus 3,7 Mio. Erwerbstätige geschätzt (Vereinte Nationen 2019). Gleichzeitig verändern sich die Bedürfnisse der Menschen und der Wunsch nach Sinn in der Tätigkeit sowie nach Vereinbarkeit beruflicher und privater Interessen rückt ins Zentrum bei der Wahl einer Tätigkeit und des Arbeitgebers.
Co-Leadership und Jobsharing haben sich hier in den letzten Jahren steigender Beliebtheit erfreut. Jobsharing bedeutet, dass zwei Menschen sich eine Rolle teilen. Sie bearbeiten also Aufgaben zu zweit, die zuvor von einem bearbeitet wurden (Olmstedt 1977). Der Begriff Co-Leadership steht ebenfalls für das Teilen einer Position auf zwei Personen, bezieht sich darüber hinaus auch auf eine gemeinsame Führungsverantwortung (Junghans/ Schönitz 2023).
Vorteile von Co-Leadership
für Co-Leader*:innen:
- Zeitliche Flexibilität, um Nebenberufe, andere Tätigkeiten (z. B. Ehrenamt, Sport) oder Familienzeit zu ermöglichen
- Inhaltliche Flexibilität, um stärkenorientiert zu arbeiten
- Entlastung, da Verantwortung gemeinsam getragen und schwierige Entscheidungen gemeinsam getroffen werden können
- Gemeinsame Reflexion und gegenseitiges Feedback
für Unternehmen:
- Gesteigerte Arbeitgeberattraktivität: Führung wird (wieder) attraktiver
- Höhere Stabilität: Krankheit und Ausfall können besser abgefedert werden
- Besserer Wissenstransfer: Co-Leader*innen (können) Zeit für Fachthemen haben
- Breiteres Kompetenzportfolio: Co-Leader*innen ergänzen sich, treffen gemeinsam Entscheidungen und setzen sie schneller um
- Möglichkeit die Arbeitszeiten zu erhöhen, um zusätzliche Projekte umzusetzen
- höhere Zufriedenheit im Team durch bessere Führung und präsentere Ansprechpersonen
Die Ausgestaltung dieser Modelle ist äußerst flexibel und kann an die individuellen Bedürfnisse und Anforderungen angepasst werden. Die Partnerinnen und Partner können in Teilzeit (ab einer Aufteilung von 50% & 50%) oder sogar bis zu Vollzeit (bis zu 100% & 100%) arbeiten. Die inhaltliche Arbeit kann je nach Bedarf variieren, von einer klaren Aufgabentrennung mit eindeutigen Themenverantwortlichen bis hin zu abwechselnder Bearbeitung und Übergaben, oft unterstützt durch gemeinsame Kommunikationskanäle, wie einer gemeinsamen Emailadresse.
Mit Co-Leadership starten
Um als Individuum mit Co-Leadership zu starten, braucht es nicht viel – hauptsächlich erfordert es Mut.
Zunächst einmal muss man einen geeigneten Tandemparter*in finden. Hier haben sich folgende Wege zum Tandem als erfolgreich erwiesen:
- In persönlichen Netzwerken und über Kontakte: Teilt euer Interesse an Thema und die Suche nach möglichen Partner*innen
- Durch die Personalabteilung des Unternehmens: einfach mal fragen, was die HR-Kolleg*innen zu dem Thema an Unterstützungsmöglichkeiten kennen
- Durch die Nutzung von Jobsharing-Börsen und Plattformen
- Aus bestehenden Konstellationen: Sprecht mit Personen, die bereits auf einer Position sind, ob diese sich vorstellen können, in ein Tandem zu gehen. Es ist möglich, dass bestehende Positionen in Co-Leadership Modelle umgewandelt werden – zum Beispiel, zum Ende einer Karriere oder aber wenn die Familienplanung ansteht
Sobald sich ein Tandem gefunden hat, gilt es, schnellstmöglich mit dem Formen des Modells zu beginnen. Am besten ist es, wenn man bereits in den ersten Gesprächen über grundlegende Themen spricht. Spätestens aber, wenn es zu einer gemeinsamen Bewerbung kommt, sollte man folgende Punkte bearbeiten, um ein gemeinsames Fundament zu legen:
- Werte und den Blick auf Führung abgleichen
- Transparenz über individuelle Kompetenzen und passfähig zueinander und zur jeweiligen Stelle prüfen
- Tandemmodell erarbeiten: Arbeitszeiten, Aufteilung, Erreichbarkeit usw. klären und so formulieren, dass das Modell an Stakeholder (Vorgesetzte, Mitarbeitende usw.) geteilt werden kann
Für die Umsetzung in der Praxis gilt es folgende Tipps zu beachten:
Sowohl für Co-Leadership-Interessierte als auch für Unternehmer*innen ist zudem wichtig, offen mit Bedenken oder Fragezeichen umzugehen. Dafür sollte der Austausch mit einstellenden Führungskräften, aber auch mit Betriebsrät*innen und Personaler*innen aktiv gestaltet werden:
„Muss ich alles zwei Mal sagen?“ kann eine berechtigte Frage sein und sollte maßgeblich vom Tandem beantwortet werden, indem Erreichbarkeit, Aufteilung und Kommunikationskanäle, zum Beispiel eine gemeinsame Emailadresse, geklärt werden.
„Ist Jobsharing zu teuer?“ sollte ebenfalls ernst genommen und thematisiert werden und kann vom Personalcontrolling beispielsweise durch eine Anpassung interner Vorgaben, Budgetierung usw. adressiert werden. Außerdem gilt bei Jobsharing: 1+1 ergibt mehr als 2!
Bei Co-Leadership und Jobsharing gilt: die Modelle sind anzupassen an Menschen und Unternehmen. Es gibt kein „One fits all“. Mit schrittweisen Experimenten, Iteration und Feedback können diese allerdings zum Erfolg geführt werden. Die Arbeitswelt kann so zukunftsweisend und nachhaltig gestaltet werden und die Anforderungen von Unternehmen sowie den Bedürfnissen der Menschen Rechnung tragen.
Janina Schönitz ist Expertin für Transformation, Neue Arbeit und Co-Leadership. Sie arbeitet selbst in Jobsharing als Führungskraft im Großkonzern Deutsche Bahn. Zudem begleitet sie mit „Knallkrebs & Grundel“ Menschen, Teams und Organisationen auf dem Weg zu neuem Arbeiten und nachhaltigem Wirtschaften.
Das Buch Co-Leadership – Jobsharing als Antwort auf eine veränderte Arbeitswelt von Janina Schönitz und Stefanie Junghans ist über den Vahlen Verlag erschienen und bringt Orientierung in das viel diskutierte Thema. Es richtet sich an Unternehmen, Arbeitnehmer*innen und alle, die sich dem Thema Co-Leadership nähern möchten. Es zeigt Anwendungstipps, Vorreiter*innen und wie typische Stolpersteine überwunden werden.