Interne Kommunikation mit Storytelling: Studie von SCM und JP|KOM
Storytelling – ein ausgedientes Buzzword der Kommunikation? Von wegen! Storytelling gewinnt neue Bedeutung in disruptiven Zeiten. Zumal die Organisationsstrukturen vieler Unternehmen sich hin zu Plattformen, Dialog und Dezentralisierung wandeln, wird es zunehmend wichtiger für interne Kommunikation, einen gemeinsamen Rahmen für Werte und Zielvorstellungen zu vermitteln. Ein wichtiges Werkzeug dafür: Storytelling. Das Potenzial für die interne Kommunikation mit Storytelling ist groß, die Nutzung jedoch noch ausbaufähig – das ist das Ergebnis einer gemeinsamen Studie von JP|KOM und SCM aus dem Mai 2018.
Storytelling ist keine neue Form von Kommunikation – doch in der internen Unternehmenskommunikation wird dessen Bedeutung im Jahr 2018 gerade neu entdeckt. Die Transformation von Organisationsstrukturen in der berühmt berüchtigten VUCA-Welt verleiht Narrativen als Werkzeug zur Vermittlung von Information und Orientierung neuen Auftrieb. Emotional aufgeladen, mitreißend, einprägsam – das sind die Charakteristika dieser spezifischen Form von Content, die das Storytelling angesichts von Informationsflut und Aufmerksamkeitsökonomie so wertvoll machen. Storytelling hilft Kommunikatoren dabei, mit ihren Botschaften zu den internen Bezugsgruppen durchzudringen und Verständnis für Unternehmensziele und aktuelle Herausforderungen zu schaffen.
Interne Kommunikation mit Storytelling: Zukünftig häufiger
Die Bedeutung des Storytellings für interne Kommunikation spiegelt sich im Jahr 2018 allerdings noch nicht im Status quo. So wollen rund 90 Prozent der Befragten (deutlich) häufiger Storytelling in der internen Kommunikation einsetzen. Nur 2,2 Prozent der Befragten wollen zukünftig weniger auf Storytelling zurückgreifen. Im Durchschnitt kommt Storytelling bislang nur in einem Drittel der Texte interner Kommunikation zum Einsatz. Knapp die Hälfte der Befragten beziffern den Anteil von Storytelling in ihren Texten mit 20 Prozent, knapp ein Drittel bringt es in 40 Prozent ihrer Texte zum Einsatz. Kommunikationsverantwortliche versprechen sich davon zumeist eine emotionalere Ansprache (83,3 Prozent), die Reduktion von Komplexität interner Themen (55,6 Prozent), ein stärkeres Verständnis der Adressaten durch den Perspektivwechsel (46,7 Prozent) sowie ein implizites Adressieren der gespielten Botschaften (46,7 Prozent). Überzeugen als explizites Ziel spielt nur für 27,8 Prozent eine Rolle beim Einsatz von Storytelling
Doch Storytelling eignet sich nicht gleichermaßen für jedes Thema und für jeden Kanal. Besonders bevorzugt setzen die Befragten es als Werkzeug zum Aufbereiten von Themen in den Bereichen HR (64,4 Prozent), Markt/Kunde (61,1 Prozent), Strategie (60 Prozent), Produkt/Dienstleistung (50 Prozent) sowie rund um Corporate Social Responsibility (50 Prozent) ein. Mit weitem Abstand das begehrteste Subjekt für Storytelling in der internen Kommunikation: der Mitarbeiter – 83,3 Prozent der Befragten nannten ihn als Thema für den Einsatz von Storytelling. Die Bereiche Marketing und Vertrieb sowie Finanzen spielen hierbei mit 33,3 Prozent bzw. 12,2 Prozent eine eher untergeordnete Rolle.
Auf den Einsatz kommt es an: Wofür Storytelling das Mittel der Wahl ist
Als geeignete Medien und Kanäle wurden neben der klassischen Mitarbeiterzeitung als Print-Ausgabe (50 Prozent) oder im Online-Format (45,6 Prozent) auch das Intranet (46,7 Prozent) und Corporate TV/Video/Bewegbild (61,1 Prozent) genannt – allesamt Kanäle, die zu den bevorzugten Formaten für Storytelling passen: Auf der einen Seite textliche Langformate wie etwa Reportagen oder Features (41,1 Prozent) angereichert durch Bilderstrecken/Fotoslider/Infografiken (38,9 Prozent), auf der anderen Seite visuelles Storytelling in Form von Animationen und Videos (55,6 Prozent). Events und Konferenzen oder Social-Media-Kanäle kommen für nur 30 Prozent bzw. 26,7 Prozent der Befragten als besonders erfolgsversprechende Einsatzgebiete für Storytelling in Betracht. Meetings, Poster und Info-Screens sowie Corporate Messenger spielen in diesem Zusammenhang aktuell keine relevante Rolle. Potenziell zukunftsträchtige, aber für den Werkzeugkasten von Kommunikatoren noch wenig erschlossene technische Formate wie VR-Anwendungen (7,8 Prozent), 360-Grad-Anwendungen (6,7 Prozent) oder Scrollytelling (5,6 Prozent) sind im Zusammenhang mit Storytelling bislang noch unterrepräsentiert.
Auf dem Weg zur Umsetzung bedarf es allerdings Kompetenzen und Ressourcen, die nicht in jeder Kommunikationsabteilung ausreichend vorhanden sind. Wenn es um Hürden für den Einsatz von Storytelling geht, schätzen die Befragten die Mitwirkung von Content Ownern als am problematischsten ein – 53,3 Prozent sehen hier ein Problem. Weitere häufig genannte Hindernisse stellen die Budgets (45,6 Prozent), das Framework bzw. die technische Plattform (41,1 Prozent), die Ausprägung journalistischer Fähigkeiten bzw. der Storyteller-Fähigkeiten (35,6 Prozent) sowie der Zugang zu Bild und Bewegtbild (35,6 Prozent) dar. Über die verfügbaren Antwortoptionen hinaus wurden auch mangelnde zeitliche und personelle Ressourcen als Hürde für den Einsatz von Storytelling charakterisiert.
Erzählformate: Warum Einsatzmöglichkeiten wachsen und Hürden überwunden werden
Das Fazit: Die Bedeutung von Erzählformaten wird in den kommenden Jahren eine immer gewichtigere Rolle für die Vermittlung von Botschaften in der internen Kommunikation einnehmen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind bereits heute vielfältig und werden mit neuen Tools und Formaten weiter wachsen: Zukünftig werden Narrative nicht mehr „nur“ in Text- und Videoformaten verpackt, sondern ganz greifbar per Virtual Reality erlebbar gemacht werden. Je komplexer die Aufgabe, desto mehr Nutzen stiftet Storytelling beim Überwinden bestehender Hürden.
Philipp Bahrt arbeitet bei der SCM – School for Communication and Management in Berlin zu verschiedenen Themen rund um interne Kommunikation und die digitale Transformation. Er verantwortet die Redaktion des Fachmagazins BEYOND und koordiniert die halbjährlich stattfindende Tagung Interne Kommunikation der SCM. Der studierte Diplom-Volkswirt interessiert sich besonders für die Schnittstellen von unternehmerischem Erfolg und wertschätzender, einbeziehender Kommunikation.