Toolbox-Kolumne, Teil 18: Pre-Mortem-Methode – mit der vorausschauenden Rückschau Stolpersteine vorwegnehmen
„Einfach mal machen!“ ist keine gute Idee in unserer komplexen Kommunikationswelt. Klar: Der Zeit- und Erfolgsdruck ist immens, so dass schnelle Lösungen verlocken. Besser ist es jedoch, dem Druck nicht nachzugeben, sich (kurz) Zeit zu nehmen und mögliche Aus- oder Nebenwirkungen von Kommunikationslösungen zu durchdenken. Mit der Pre-Mortem-Methode, der vorausschauenden Rückschau, funktioniert dies erstaunlich einfach und fast spielerisch. Der entwickelte Lösungsweg wird kurz vor der Umsetzung noch einmal in Gedanken abgeschritten, um Stolpersteine vorwegzunehmen. Dem möglichen vorzeitigen Ende eines Kommunikationsvorhabens wird somit entgegengewirkt.
Sollten Sie also gerade dabei sein, zum Beispiel eine Mitarbeitenden-App einzuführen oder eine Sensibilisierungs-Kampagne zur „Cyber Security“ zu starten, probieren Sie diese Methode aus.
Sie haben keine Zeit? Schaffen Sie sich dafür dennoch Freiräume: Die investierte Zeit wird sich durch größere Akzeptanz bei den Bezugsgruppen auszahlen.
Das Vorgehen der Methode ist schnell erklärt:
1. Schritt: Dramatik schaffen
Werfen Sie Ihr Kopfkino an und überlegen Sie – am besten gemeinsam im Team – welche Probleme auf Ihrem konzeptionierten Lösungsweg lauern können. Gut ist es, hier leicht zu überzeichnen und zu dramatisieren. Aber Achtung: Werden Sie nicht zu kritisch und zerreden Sie Ihre Lösung nicht. Dafür brauchen Sie Fingerspitzengefühl und Geschick in der Moderation.
2. Schritt: auf den (möglichen) Grund tauchen
„Wie könnte es zu den Problemen gekommen sein?“ und „Woran könnte es gelegen haben?“ – Mit diesen Fragen starten Sie in den nächsten Schritt. Die Antworten sind natürlich rein hypothetisch. Vielleicht entdecken Sie die eine oder andere Schwachstelle, die Sie bei der Konzeption übersehen haben? Sollten Sie im Team arbeiten, moderieren Sie „klassisch“: Lassen Sie zunächst Gründe in Stillarbeit sammeln, die dann im Plenum gesammelt werden. Verständnisfragen sind erlaubt, die Bewertungen erfolgen erst im dritten Schritt.
3. Schritt: größtmögliche Stolperfallen identifizieren
Jetzt geht es darum, die möglichen Gründe „einzudampfen“, um sich auf die größtmöglichen Hürden zu konzentrieren. Sollten Sie sehr viele Stolperfallen gesammelt haben, clustern Sie sie. Priorisieren Sie dann und konzentrieren Sie sich auf drei.
4. Schritt: So geht’s weiter
Klären Sie nun, wie Sie weitervorgehen wollen. Wie soll die Umsetzung erfolgen? Was muss noch beachtet werden? Ist alles stimmig? Sollte noch jemand über die Änderungen informiert werden? Drehen Sie eine letzte Informationsrunde. Und dann können Sie zur Tat schreiten – schnell und kraftvoll.
Sprungtuch für den Alltag
Die Pre-Mortem-Methode ersetzt keine Konzeption oder keine „Risk Analysis“. Sie dient kurz vor der Umsetzung als Sprungtuch, für die Themen, die in der Schnelligkeit oder in der Komplexität übersehen wurden.
Dieses Sprungtuch kann übrigens auch in der Umsetzungsphase immer wieder zum Einsatz kommen. So bleiben Sie wachsam und können bei heraufziehenden Problemen schnell gegensteuern.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Ausprobieren und verabschiede mich von Ihnen – aus diesem Jahr und von dieser Toolbox-Kolumne. Fünf Jahre habe ich Sie mit Inspirationen versorgt. Nun ist es für mich Zeit, Platz für Neues zu schaffen.
Ulrike Führmann berät und begleitet Unternehmen und Organisationen auf ihrem Weg zu einer wirkungs- und sinnvollen internen Kommunikation, zur Veränderungs- und Teamkommunikation sowie zur Organisationskultur. Sie ist zertifizierte PR- und Change-Managerin, systemische Organisationsentwicklerin (SG) und systemische Supervisorin und Coach (DGSv/SG). Für den INKOMETA-Award für erfolgreiche interne Kommunikation sitzt sie in der Finaljury. Zusammen mit Klaus Schmidbauer hat sie die Praxisbücher „Interne Kommunikation mit Weitblick“ und „Wie kommt System in die interne Kommunikation?“ veröffentlicht. Regelmäßig schreibt sie auf ihrem IK-Blog zu Trends und Themen der internen Kommunikation.