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Frank Weber über Agilität: interne Kommunikation als Kulturbotschafter

Bereits am Vorabend der SCM-Tagung zur Zukunft der internen Kommunikation Mitte Mai in Düsseldorf sprach Frank Weber von weber.advisory bei JP|Kom zum Thema Agilität. Aus seinem und anderen Inputs entwickelte sich eine spannende Diskussion zur Relevanz des agilen Manifests und agiler Prinzipien für die interne Kommunikation. Grund genug für uns, Frank Weber intensiver zum Thema Agilität und deren Bedeutung für Kommunikatoren zu befragen.

  1. Warum ist Agilität so wichtig für Unternehmen?

Agil zu sein, bedeutet beweglich zu sein. Die Digitalisierung, Industrie 4.0 und zunehmende geopolitische Instabilitäten machen aus unserer vormals weitgehend stabilen Welt eine VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) – die Rahmenbedingungen für die Arbeit sind hier von Volatilität, Ungewissheit, Komplexität, Mehrdeutigkeit geprägt. Hinzu kommt, dass die Innovationszyklen wie nie zuvor immer kürzer werden, was uns zu immer rascheren Entscheidungen zwingt.

In dieser neuen Welt können Führungskräfte oder Unternehmer nur noch bedingt einschätzen, wie sich ihr Markt in den nächsten fünf Jahren entwickeln wird, welche Produkte dann aufgrund des technischen Fortschritts möglich sind, welche (branchenfremden) neuen Wettbewerber plötzlich auftauchen und welche Konsequenzen sich hieraus für ihr Geschäftsmodell ergeben werden.

Die dauerhafte Veränderung wird zur neuen Realität. Hier hilft Agilität. Agile Menschen und Unternehmen können mit schnellen und andauernden Änderungen umgehen. Agilität hilft, Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Widersprüchlichkeit auszuhalten und zu managen. Wir müssen beweglicher, flinker und gewandter werden – mental und gerne auch körperlich.

  1. Welche agilen Werte kann die interne Kommunikation für sich nutzbar machen?

Nutzbar machen ist m.E. nicht der Punkt. Entscheidet sich ein Unternehmen agil zu werden, hat die interne Kommunikation ihren Beitrag zu leisten, die Werte und Prinzipien des „Agilen Manifestes“ umzusetzen.

Um es klar zu sagen: Hier ein Stück Design Thinking und dort eine Prise SCRUM plus ein paar Tropfen Crystal Clear machen noch kein agiles Unternehmen. Unternehmen werden nicht agil, indem sie an der einen oder anderen Stelle agile Methoden einsetzen und alles andere unverändert lassen.

Denn agil sind Menschen oder Organisationen erst, wenn sie die vier Werte und die zwölf Prinzipien zu eigenen Kulturmerkmalen machen.

Hier hat interne Kommunikation die Aufgabe, Inhalte zu vermitteln, Orientierung zu geben und den Kulturwandel mit passenden Stories zu flankieren. Interne Kommunikation sollte – zusammen mit HR – die Rolle von Kulturbotschaftern übernehmen, indem sie beispielsweise mit Mut und Offenheit (übrigens zwei SCRUM-Werte) das Neue vorleben.

  1. Wie kann man SCRUM und Kanban in der internen Kommunikation einsetzen?

Agile Methoden wie SCRUM und Kanban versprechen effiziente Abläufe, motivierte Mitarbeiter und zufriedene Kunden. Hinter dem Wort „agil“ verbindet sich dabei die Idee, ein Projekt oder Produkt Schritt für Schritt mit einem sich selbst organisierenden, interdisziplinären Team in Zyklen (Sprints) zu entwickeln. Der Sinn ist, einen Auftrag durch Priorisierung schlank zu halten, Kundenwünsche rasch umzusetzen und auch in späten Projektphasen noch flexibel auf Veränderungen eingehen zu können.

Aus diesem geht hervor, dass sich agile Methoden auf Projekte oder die Erstellung neuer Produkte beziehen. Hier können sie auch in der internen Kommunikation Einsatz finden. Weniger aber in der Abarbeitung des klassischen Tagesgeschäfts.

  1. Arbeiten agil organisierte Teams erfolgreicher – und wenn ja warum?

Ja, das tun sie! Zuerst die kulturelle Begründung. Agilität ist primär eine Frage der Unternehmenskultur. Wie schon zuvor gesagt wird über die Werte und Prinzipien ein neues Mind-set im Unternehmen installiert. Dieses führt zu einer neuen Vertrauenskultur in der die Kosten für Absicherung deutlich niedriger sind.

Dann die technische Begründung: Der agile Ansatz verfolgt den Ansatz des „Vision Driven Development“. Gleich zu Beginn werden Zeit und Budget als Konstanten definiert. Gemeinsam mit dem Kunden wird dann geschaut, welche Anforderungen sich innerhalb dieses Rahmens umsetzen lassen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Kunde kann von Projektbeginn an mitbestimmen und die einzelnen Aufgaben von Iteration zu Iteration priorisieren. Detailspezifikationen folgen nur dann, wenn sie tatsächlich auch nötig sind. Außerdem kann das Team Lerneffekte aus vorangegangenen Iterationen direkt für die nächsten Schritte nutzen.

Stress, Unzufriedenheit und mangelnde Wirtschaftlichkeit, weil man etwa erkennt, dass Zeit und Budget nicht ausreichen, um alles zu erledigen oder dass das Projektteam an den Bedürfnissen des Kunden oder Marktes vorbei gearbeitet hat, lassen sich so vermeiden.

  1. Welche Voraussetzungen müssen im Unternehmen vorhanden sein, um agile Methoden einführen zu können?

Die Antwort ist ganz einfach: Es muss ein agiles Mind-set (bestehend aus vier Werten und zwölf Prinzipien des Agilen Manifests) vorhanden sein. Ohne dieses funktionieren die agilen Methoden nicht und es bleibt beim schönen aus dem Projektmanagement bekannten Spruch: A fool with a tool is still a fool.

Das entspricht aber dem, was ich vielfach vor Ort in den Betrieben erlebe. Unternehmen führen die eine oder andere „Agile Methode“ in Teilen ein (so wie es gerade passend ist) und lassen alles andere wie es ist. Diese Unternehmen nutzen neue trendige Begriffe für alte Verhaltens- und Vorgehensweisen, um sich dann agil nennen zu können. Bei diesem Umfüllen von altem Wein in neue Schläuche verdienen nicht wenige Berater und Seminarveranstalter in diesen Tagen ganz ordentlich Geld. Einen Mitarbeiter zu einem Design Thinking Workshop zu schicken oder andere agile Methoden lernen zu lassen und dann zu erwarten, dass sich irgendetwas ändert, ist reine Geldverschwendung.

Wer den Kulturwandel scheut, braucht sich gar nicht erst an agilen Methoden zu versuchen.

  1. Was hat die Umsetzung agiler Prinzipien mit Mut zu tun und was bedeutet das für die interne Kommunikation?

An zwei Beispielen: Erstens, in der agilen Wertewelt heißt es, dass eine offene und transparente Kommunikation stets vor Schönrednerei kommt. Jeder, der schon einmal in Zeiten schlechter Zahlen mit seinem Vorstand oder Geschäftsführer diskutiert hat, wie offen die Lage denn nun wirklich zu kommunizieren ist, weiß, dass die Forderung nach Offenheit und Transparenz Mut erfordert.

Zweitens: Gleiches gilt für die agile Forderung, nach der selbstorganisiertes Arbeiten immer vor detailliertem Micro-Management kommt. Auch hier ist wieder Mut erforderlich, tayloristisch geprägte und alles bis ins letzte Detail wissen wollende Manager davon zu überzeugen, dem Weg der Selbstorganisation zu vertrauen.

Durch die Brille der in der klassischen Organisation verwurzelten Führungskraft betrachtet, stecken letztendlich in allen agilen Werten und Prinzipien gewisse Konfliktpotentiale. Diesen Weg kann und muss die interne Kommunikation als agile-Botschafter begleiten. Sie muss Mut haben, voran zu gehen, Erfahrungen zu machen, Fehler nicht zu vertuschen und offen über sie zu reden, Widerstände aufzunehmen und unbequem zu sein.

.Frank Weber ist Inhaber von weber.advisory, Hochschuldozent und Buchautor. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Entwicklungs- und Veränderungsvorhaben von Unternehmen und auch Topmanagern. Dabei widmet er sich der Effzienzsteigerung von Führungs-, Kommunikations- und Veränderungprozessen. Mit seinen Kunden arbeitet er am agilen Mindset und der Etablierung agiler Organisationen. Als Lehrbeauftragter an der Hochschule Fresenius lehrt er Change- und Innovations-Management sowie Leadership. Weber ist Keynote-Speaker zum Thema agiler Unternehmenskulturen.

 

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Urheber Autorenbild: weber.advisory

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