„Die Meinung und Wertehaltung der Mitarbeitenden gewinnen enorm an Bedeutung.“

Victoria Leipert von SOS-Kinderdorf ist als „Interne Kommunikatorin des Jahres – powered by Staffbase“ ausgezeichnet worden. Die Jury hob ihre umfassende Umstrukturierung der internen Kommunikation hervor, darunter die Zusammenstellung eines neuen Teams, den Relaunch des Mitarbeitermagazins, die Professionalisierung des Intranets und die Einführung eines Corporate Newsrooms. Zudem veränderte sie die Vorstandskommunikation grundlegend.

Welche Wirkung kann die interne Kommunikation in einem Unternehmen entfalten? 
Im besten Fall bindet sie die Menschen durch eine gemeinsame Mission, ein Wir-Gefühl, ans Unternehmen und trägt aktiv dazu bei, dass der Fachkräftemangel nicht so viel Impact hat.  
Die andere Wirkung ist, dass Mitarbeitende sich durch den Einsatz entsprechender Kanäle gut informiert fühlen, wissen, wo sie relevante Informationen finden und dass die Vorstandskommunikation auch nach innen transparent ist. 

Worauf legen Sie bei Projekten in der IK besonders großen Wert?
Wir arbeiten sehr stark partizipativ. Bei unserem Mitarbeitermagazin waren beispielsweise 17 Fachbereiche involviert und unseren Corporate Newsroom haben wir mithilfe von 15 Fachbereichen eingeführt. Wir legen Wert darauf, dass wir die Menschen, die später entweder aktive Teilnehmer*innen oder auch Empfänger*innen sind, sehr früh in die Denkprozesse miteinbinden. Diese Menschen sind auch gleichzeitig Multiplikator*innen, die das in ihren Bereichen auch (vor)leben können.
Ein Newsroom ist zum Beispiel ein Projekt, bei dem Haltung und Mindset eine große Rolle spielen. Da braucht man die Menschen im Boot, die den Mehrwert mitgestalten müssen. Dieses Mindset passt gut zur Unternehmenskultur von SOS-Kinderdorf, denn wir sind sehr diskursfreudige, sehr interaktive und sehr kommunikationsstarke Menschen. Da passt diese Arbeitsweise!

„Man arbeitet, während man aufbaut.“

Sind Sie auch auf diesen Corporate Newsroom besonders stolz? 
Auf den Corporate Newsroom sind wir alle sehr stolz! Der Newsroom bricht Silos auf, vernetzt Bereiche, die vielleicht vorher nicht so viel miteinander gesprochen haben. Er setzt ein hohes Maß an Transparenz voraus, und ist ein echter Change. Ein Newsroom ist ein sehr transformatives Projekt. Ich habe mich damals sehr viel mit den Newsrooms anderer Unternehmen beschäftigt, und mir bewusst gemacht, welche Herausforderungen das Projekt mit sich bringen kann.
Eines ist klar, die Arbeit am Projekt ist nie beendet, es gibt immer Raum für Weiterentwicklung. Auch wenn diese Plattform eingeführt wurde und es bei uns inzwischen drei Formate gibt, die gut laufen.

Erklären Sie bitte die drei Formate! Sind alle intern?
Ja, wir haben seit mittlerweile zwei Jahren drei Formate. Wir haben ein schnelles Format „Wöchentliche Lage“, bei der sich wöchentlich dynamisch arbeitende Teams, wie z. B. das PR- oder Social-Media-Team, treffen.
Unser monatliches Format „Wöchentliche Lage plus“ besteht aus dem Team der ersten Runde, ergänzt um zugeschaltete Schnittstellen wie die bundesweiten Einrichtungen, Personalmarketing, Recruiting oder Pädagogik.
Unser größtes strategisches Format ist mit bis zu 60 Teilnehmenden die Kommunikationskonferenz „KoKo“. Alle Kommunikator*innen des Vereins treffen sich einmal im Quartal digital und einmal in Präsenz zu relevanten strategischen Themen.

Würden Sie sagen, dieser Newsroom war am herausforderndsten, also auch im Vergleich mit den anderen Projekten, die Sie umgesetzt haben?
Ich glaube, die größte Herausforderung war für mich persönlich die Parallelität der Prozesse, da es die Interne und Externe Kommunikation als eigenen Vorstandsbereich vorher nicht gab. Während der Bereich gestaltet werden musste und neue Mitarbeitende eingestellt wurden, mussten wir parallel dazu schon Projekte umsetzen. Man arbeitet also, während man aufbaut.

„Intern und extern wächst immer mehr zusammen.“

Du hast in einem Interview gesagt, „die interne Kommunikation ist das größte Potential der externen Kommunikation.“ Welche neuen Arbeitsformen und Herausforderungen ergeben sich aus dem Trend, dass interne und externe Kommunikation immer mehr zusammenwachsen?
Es geht um die Frage der Glaubwürdigkeit, um die der Reputation und Positionierung einer Marke. Es existiert eine Bespielung des Einzelnen durch Informationsfluten und Kanäle heutzutage. Wenn du dich über ein Unternehmen informierst, wem wirst du glauben: Dem Zeitungsartikel, dem Social-Media-Kanal des Unternehmens oder der Website? Oder rufst du lieber jemanden an, der da arbeitet und fragst, ob das Bild von außen und innen übereinstimmt. Die Meinung und Wertehaltung der Mitarbeiter*innen gewinnen hierbei enorm an Bedeutung, da sie authentisch vermitteln können, ob die externen Aussagen eines Unternehmens tatsächlich dessen interne Realität widerspiegeln. Eine wertschätzende, fördernde Unternehmenskultur stärkt diese Authentizität und macht die Stimmen der Mitarbeitenden zu einer glaubwürdigeren Quelle als viele öffentliche Medien.

Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Entwicklung des Kanals LinkedIn. In den Strategien ist es erstmal ein externer Kanal. Aber wir merken im Daily Doing, dass LinkedIn einfach Bedeutung für die interne Kommunikation gewinnt. LinkedIn hat die Besonderheit, dass es in vielen Unternehmen nicht so klar geregelt ist und auch gar nicht zu regeln ist. Ist es ein beruflicher Kanal oder ein privater, mit einem beruflichen Profil? Die gesamte Entwicklung des Kanals und sein Potenzial für die Unternehmenskommunikation finde ich spannend.

Alle zurück ins Office! Unterstützen Sie diese Forderung oder wie wird sich das hybride Arbeiten fortsetzen?
Auch bei uns in der Organisation hat die Pandemie einen enormen Digitalisierungsschub und mehr Flexibilität beim Arbeitsort bewirkt. Wir haben festgestellt, dass wir nicht mehr alle an einem Ort sein müssen und vieles digital lösen können. Man muss nicht mehr um die Welt fliegen, um Präsentationen zu teilen.
Gleichzeitig merken wir aber, dass wir Menschen soziale Wesen sind und dass etwas verloren geht, wenn wir uns gar nicht mehr physisch begegnen. Zwischen den Zeilen und zwischen den Wortmeldungen entsteht eine besondere Dynamik, die in virtuellen Meetings schwer zu ersetzen ist – das gemeinsame Lachen, der kurze Austausch über Privates, die menschliche Begegnung im Raum. Gerade bei größeren Gruppen spüren wir, wie stark uns digitale Tools disziplinieren, was natürlich die Kommunikation verändert.
Für mich fühlt es sich aber momentan an, als würden wir von einem Extrem ins andere galoppieren. Es braucht eine gute Mischung, das hybride Arbeitsmodell wird beispielsweise bei uns gelebt. In meinem Team haben wir einen gemeinsamen Präsenztag, darauf lege ich Wert.

„Die Diversifizierung im Markt zeigt, dass die Bedeutung der internen Kommunikation in den letzten zehn Jahren wahnsinnig zugenommen hat.“

Wo sehen Sie die interne Kommunikation in zehn Jahren (im Vergleich zu heute)?
Es ist eine Disziplin, deren Potenzial weiterhin wachsen wird. Die interne Kommunikation, die in der Ausbildung von Kommunikator*innen bisher eine untergeordnete Rolle spielte, hat sich aus ihrer Nische heraus zu einem Bereich entwickelt, dessen Wert spätestens in der Pandemiezeit deutlich stärker wahrgenommen wurde. Wir sprechen mehr darüber, Plattformen, Unternehmen, Apps sind in dem Bereich entstanden und es wird darin investiert. Diese Diversifizierung im Markt ist ein Indiz dafür, dass die Bedeutung der internen Kommunikation in den letzten zehn Jahren wahnsinnig zugenommen hat. Wenn der Trend sich fortsetzt, gewinnt das, was ich vorhin gesagt habe, für alle an Bedeutung: das Potenzial der Mitarbeiterschaft. An dieser wertvollen Zielgruppe merke ich, ob Kommunikation funktioniert.

Bild: bewegt.content

Unser Event- und Heftthema ist Empowerment: Was bedeutet Empowerment für Sie persönlich?  
Empowerment ist für mich allgegenwärtig und ein zentraler Teil meiner Persönlichkeit. Durch meine Ausbildung als systemische Beraterin ist mir ressourcenorientiertes Arbeiten enorm wichtig – also immer zu schauen, wo die eigenen Kraftquellen liegen und wie man nach vorne kommt, statt sich in Problemen zu verlieren. Als Führungskraft sehe ich es als meine Aufgabe, mein Team täglich zu unterstützen, damit jede*r seinen Job gut machen kann. Man ist Cheerleaderin, Ermutigerin, Lösungsfinderin. Für mich bedeutet Empowerment, Menschen in die Lage zu versetzen, ihre Ziele zu erreichen, sich zu entwickeln und zu wachsen. Jede Führungskraft sollte empowern!  

Wie fühlt es sich an, mit dem INKOMETA Award geehrt zu werden – besonders mit einer Auszeichnung, bei dem Sie als Person im Fokus stehen?
Ich freue mich wahnsinnig! Es ist eine Auszeichnung, die ich als Person bekomme, die aber eigentlich die Leistung meines Teams und auch das Zusammenspiel von uns als Team auszeichnet. Ich freue mich auch, weil der Award eine Arbeit wertschätzt, die sehr viel im Hintergrund stattfindet und nicht so prestigeträchtig ist, wie die externe Kommunikation. Die Interne Kommunikation baut Infrastruktur auf und erfordert viel Fleißarbeit hinter den Kulissen.

Wie geht es jetzt für Sie und Ihr Team weiter? 
Wir sind voll im Jubiläumsfieber, denn wir feiern nächstes Jahr 70-jährigen Geburtstag. Dieses Jubiläum bietet Potenzial, gerade für Projekte in Richtung Mitarbeiterschaft, um Danke zu sagen, Wertschätzung zu zeigen und auf Erfolge zu blicken.  

Victoria Leipert ist Head of Internal and External Communications bei SOS-Kinderdorf e.V. Ihr Leitsatz: Kommunikation ist immer Beziehungsarbeit. Als Systemische Beraterin und Organisationspsychologin hat sie dabei stets die Bedürfnisse der Zielgruppe im Blick, liebt ressourcenorientiertes Arbeiten und räumt ihrem Team viel Mitgestaltung ein. Das brachte ihr nun auch die Wertschätzung ihrer Kolleg*innen ein, die sie für unseren Preis nominierte.

Interesse geweckt?
In unserem beyond Magazin finden Sie diesen und viele weitere Artikel zu diversen Themen des Intranets und der digitalen internen Kommunikation.

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