Kommunikationsabteilungen müssen Profil schärfen
Ein Forschungsteam der Universität Leipzig hat die Wahrnehmung und die Positionierung von Kommunikationsabteilungen in deutschen Unternehmen untersucht. Eine Mehrheit der Befragten fordert, dass Kommunikationsabteilungen besser erklären müssen, was sie tun und wie sie Wert schaffen.
Die neue Studie der Universität Leipzig hat 1.147 Personen aus dem Top-Management (Vorstand, Geschäftsführung), aus der mittleren Führungsebene (Leiterinnen und Leiter von Geschäftsbereichen bzw. Abteilungen) sowie Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung befragt, wie sie die Ziele, Aufgaben und Bedeutung der Kommunikationsabteilung im eigenen Unternehmen einschätzen: „Die Ergebnisse zeigen, dass Kommunikationsprofis zwar allgemein ein hohes Ansehen genießen. Aber man schätzt sie überwiegend als Träger operativer Funktionen, weniger aufgrund ihrer strategischen Aufgaben“, sagt Professor Ansgar Zerfaß vom Lehrstuhl für Strategische Kommunikation.
Fehlende Kompetenz und unklare Ziele
Sechs wesentliche Erkenntnisse der Studie:
- Das Ansehen und die Leistungen der Kommunikationsabteilung sind nur beim Top-Management gut.
87% der befragten Top-Managerinnen und Manager zeigen sich zufrieden mit der eigenen Unternehmenskommunikation und 97% bescheinigen der zuständigen Kommunikationsabteilung ein hohes Ansehen – ein sehr positives Ergebnis. Im mittleren Management und bei den Mitarbeitenden sinken die Zustimmungswerte jedoch: Hier sind nur noch 60% bzw. 51% mit der Kommunikationsarbeit zufrieden. Ähnliches gilt, wenn man Wettbewerber als Vergleichsmaßstab ins Spiel bringt: Nur im Top-Management sind drei von vier Befragten überzeugt, dass die eigene Unternehmenskommunikation besser ist als die der Konkurrenz. Auf den anderen Hierarchieebenen ist es nicht einmal jede*r Zweite.
2. Viele im Unternehmen sind nicht mit den Aufgaben und Zielen der Kommunikationsabteilung vertraut.
Kommunikatorinnen und Kommunikatoren werden auf allen Ebenen vor allem aufgrund ihrer operativen Aufgaben wahrgenommen. Die meisten Befragten glauben, dass sie Inhalte erstellen, Kampagnen umsetzen und Veranstaltungen organisieren, die öffentliche Meinung beobachten und für Sprachregelungen bzw. Corporate Design-Richtlinien zuständig sind. Von der Vielzahl strategisch relevanter Aufgaben wird am häufigsten das Reputations- und Markenmanagement genannt. Dennoch sehen nur 60% der Top-Managerinnen und Manager diese Aufgabe bei der Kommunikationsabteilung.
Die Ziele der Kommunikationseinheiten kennen auf der obersten Ebene 80% der Befragten. Im mittleren Management sind es aber nur noch 58% und bei den Mitarbeitenden lediglich 40%.
3. Die Zielerreichung von Managerinnen und Managern sowie Mitarbeitenden im Unternehmen wird nur unzureichend unterstützt.
Alarmierend sind die Aussagen zur Relevanz professioneller Kommunikationsarbeit. Nur jede zweite Person im Top-Management (50%) und rund jede dritte Person im mittleren Management (36%) bzw. Mitarbeitende (30%) gibt an, dass die Kommunikationsabteilung sie bei der Erfüllung der eigenen Aufgaben unterstützt. Entsprechend kritisch sind die Befragten, wenn es um den personellen und finanziellen Aufwand für die Kommunikation geht: Nur 53% der Personen im Top-Management, 59% im mittleren Management und 40% der Mitarbeitenden sagen, dass diese Ressourcen gerechtfertigt sind.
Das erklärt, warum Kommunikationsabteilungen im internen Kampf um Mittel oft leer ausgehen, obwohl die Bedeutung der Unternehmenskommunikation gerade in Krisenzeiten steigt.
4. Nur jede bzw. jeder Zweite sieht die Kommunikationsabteilung als kompetent an.
Eine hohe Kompetenz schreiben der Kommunikationsabteilung lediglich 57% der Personen im Top-Management, 54% im mittleren Management und 52% der Mitarbeitenden zu.
Das könnte erklären, warum die Kommunikationsabteilung bei wichtigen Dingen oft nicht gefragt wird. Nur jede zweite Top-Managerin und jeder zweite Top-Manager weist der Kommunikationsabteilung im eigenen Unternehmen eine beratende Funktion bei strategischen Entscheidungen zu. Und nur zwei von drei sagen, dass es zu den Aufgaben der Kommunikator*innen gehört, sie als Vorstand oder Geschäftsführung bei der eigenen Kommunikation zu unterstützen oder zu coachen. Damit wird das häufig anzutreffende Selbstbild von Kommunikationsprofis als Berater*innen und Coaches in Frage gestellt.
5. Je enger der Kontakt zur Kommunikationsabteilung, desto besser die Bewertungen.
Die Studie belegt: Je häufiger die Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen mit der Kommunikationsabteilung im Kontakt stehen, desto besser wissen sie über deren Zuständigkeiten, Aufgaben und Ziele Bescheid. Dann werden auch Ansehen, Einfluss und Kompetenzen positiver bewertet. Im Umkehrschluss heißt das: Mangelndes Wissen über die Arbeit der Kommunikationsabteilung wirkt sich negativ auf deren Ansehen und deren Positionierung im Unternehmen aus. Noch ein zweiter Zusammenhang konnte statistisch belegt werden: Wenn andere im Unternehmen die Kommunikation als wesentlichen Erfolgsfaktor für die Organisation ansehen, dann finden sie auch den Aufwand für die Kommunikationsabteilung gerechtfertigt. Insofern kann auch ein besseres Verständnis von Unternehmenskommunikation und ihrem Wertbeitrag die Akzeptanz der zuständigen Teams erhöhen.
6. Kommunikationsarbeit braucht mehr Profil und interne Überzeugungsarbeit.
„Kommunikatoren benötigen eine überzeugende Mission und eine konsistente Story für ihre Arbeit“, so das Fazit von Professor Zerfaß. Kommunikationsverantwortliche sollten im Unternehmen strategisch über ihre Arbeit und Erfolge kommunizieren, um sich zu legitimieren – beispielsweise bei internen Projekten mit anderen Abteilungen, in der Führungskräfte-Weiterbildung und bei Onboarding-Prozessen.
„Nur wer gefragt und akzeptiert wird, kann seine Expertise einbringen. Vor allem im Verhältnis zum mittleren Management gibt es noch viel Potenzial. Das sind die Top-Entscheider von morgen.“ (Professor Ansgar Zerfaß vom Lehrstuhl für Strategische Kommunikation)