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Innovation aus Leidenschaft

Innovation aus Leidenschaft
Bild: Unsplash

Dass Innovationen für die Zukunft eines Unternehmens wichtig sind, ist breiter Konsens. Warum aber tun sich dann viele Unternehmen so schwer mit der Innovation? Bedanken können wir uns bei den Management-Jüngern des US-Amerikaners Frederick Winslow Taylor – dem Begründer des Taylorismus. 

Ziel des Taylorismus ist die Steigerung der Produktivität menschlicher Arbeit. In der reinen Lehre geschieht dies durch die Teilung der Arbeit in kleinste Einheiten, zu deren Bewältigung keine oder nur geringe Denkvorgänge zu leisten und die aufgrund des geringen Umfangs bzw. Arbeitsinhalts schnell und repetitiv zu wiederholen sind. Mensch und Maschine sind wie im Uhrwerk miteinander verzahnt. Das System, nicht die Persönlichkeit steht im Vordergrund. Modifiziert finden diese Gedanken auch heute noch sehr große Verbreitung.

Innovationen im Land der Dichter und Denker – ein Trauerspiel

Lange Zeit galt Deutschland sowohl als das Land der Dichter und Denker und auch als Innovationsweltmeister. Gerne nehme ich an dieser Stelle das Bild vom Land der Dichter und Denker auf. Es soll auf den Schriftsteller Johann K.A. Musäus zurückgehen, der im 18. Jh. einmal schrieb: „Was wäre das enthusiastische Volk unserer Denker, Dichter, Schweber, Seher ohne die glücklichen Einflüsse der Fantasie?“. Und genau darum geht es, um die Einflüsse der Fantasie.

Innovationen können ohne Fantasie und Kreativität nicht stattfinden. Es ist vielleicht sogar so, dass wir für eine bestimmte Zeit zum Innovationsweltmeister wurden, weil wir kulturell verankert ein fantasievolles und damit kreatives Volk waren? Diesen Gedanken könnte man auch in sein Gegenteil umkehren: Unbestritten sind wir beides nicht mehr, Dichter- und Denkerland sowie Innovationsweltmeister. Es mag einen Zusammenhang geben.

Statt auf Innovationen begünstigende Kreativität, verfolgen wir in Deutschland seit Jahrzehnten zwei andere Themen: Ständige Kostensenkungen und der Taylorismus dominieren das Management-Handeln. Das ist unter bestimmten Rahmenbedingungen nicht schlecht. Doch wenn das die betriebswirtschaftliche Dauermaxime ist, führt das nicht zu Innovationen. Diese sind an die Bereitschaft gebunden, zu investieren und das kostet zunächst einmal Geld. Weiter ist das Streben nach Effizienz nicht kompatibel mit Kreativität. Diese wird durch ständige Effizienzsteigerungen vernichtet. Kreativität braucht Freiräume, auch einmal Muße und die Bereitschaft zu irren oder Fehler zu machen.

Erfolgreiche Innovationen sind eine Frage der Unternehmenskultur

Vielerorts haben wir keine passende Unternehmenskultur, die Innovationen begünstigt. Die gelebte Kultur repräsentiert die Summe aller Selbstverständlichkeiten einer Organisation. In unserem Fall die Summe aller Selbstverständlichkeiten, wie im Unternehmen über Erneuerungen gedacht und mit diesen umgegangen wird. Das führt uns zu der zentralen Frage: Wie ist eigentlich unsere Haltung zum Neuen?

Halten wir kurz inne und überlegen, welchen Stellenwert das Neue im eigenen Unternehmen hat. Unschwer zu erraten, in den meisten Organisationen keinen großen. Die Dominanz von Denken und Handeln liegt auf dem Bewährten und dessen inkrementeller Optimierung. Man fokussiert alles Mögliche, nur nicht die Notwendigkeit zu innovieren.

Warum aber gleich Leidenschaft?

Reicht es nicht aus, die vorhandene Unternehmenskultur in Richtung einer Innovationskultur zu verändern? Muss es gleich so weit gehen, dass im Unternehmen das Feuer der Leidenschaft entfacht wird? Gegenfrage: Was spricht dagegen? Alle, die sich schon einmal mit dem Thema des Kulturwandels beschäftigt haben, wissen, dass es das dickste Brett von allen Change-Projekten ist. Lassen wir uns daher ruhig ambitioniert sein. Denn wenn ich von Leidenschaft im Zusammenhang mit Innovationen spreche, dann beinhaltet das erstens, dass unsere Haltung dem Neuen gegenüber positiver wird. Zweitens drückt sich darin auch ein Enthusiasmus im Tun aus. Drittens hat Leidenschaft immer auch etwas mit der Fähigkeit zu tun, Rückschläge auszuhalten und daraus Energie zu gewinnen. Das ist im Zusammenhang mit Innovationen essenziell. Kaum eine epochale oder auch kleinere Neuerung gelang je auf Anhieb. Die meisten erzählen eine Geschichte davon, wie es zunächst nicht funktioniert hat. Dies auszuhalten, erfordert Leidenschaft.

Die Kulturfrage im Detail

Will man sich auf die Reise zu einer fruchtbaren Innovationskultur machen, muss man sich die Frage stellen, welche Rahmenbedingungen in Unternehmen für eine solche sorgen? Zunächst bietet sich der Blick auf das Gegenteil einer solchen Kultur an. Also der Blick auf die Realität, wie wir sie leider in den meisten Unternehmen vorfinden. Was prägt dort die Kultur? Sehr häufig dauert es im Lebenszyklus eines Unternehmens nicht lange, bis eine wohl ausdefinierte Hierarchie das Handeln prägt. Das ist für das Innovationsklima alles andere als förderlich. Hier braucht es etwas, das wir in den Modellen der Unternehmenskultur Adhocratie nennen. Der Name „Adhocratie“ leitet sich vom lateinischen Wort „ad hoc“ ab, was man mit „aus dem Moment heraus“ übersetzen kann.

Im Kern beschreibt diese Adhocratie eine Kultur des Unternehmertums und damit das Gegenteil von hierarchisch strukturierter Bürokratie. Hier ist die vorherrschende Logik zur Erreichung von Erfolg, dass Kontrolle die Effizienz fördert, indem sie Verschwendungen und Redundanzen eliminiert. Das mag für eine Behörde gelten, hier will man keine Flexibilität, sondern eine fehlerfreie Effizienz in der Ausübung von Prozessen. Bei der Adhocratie-Kultur hingegen beruht die vorherrschende Logik darauf, dass neue Ideen und neue Möglichkeiten, neue Kund*innen und Märkte schaffen und damit Innovationen entstehen. Dort arbeiten dann Führungskräfte, die mehr an Leader und Entrepreneure denn an Kontrolleure erinnern. 

Will man also ein Umfeld schaffen, in dem Innovationen besonders gut entstehen können, ist man gut beraten, die Kulturmerkmale von z.B. starker Hierarchieorientierung hinter sich zu lassen und sich in Richtung Adhocratie-Kultur zu entwickeln.

In 8 Schritten zur Innovationskultur

Der Weg zu einer Innovationskultur ist kein einfacher. Er wird lang und zum Teil auch mit Rückschlägen versehen sein. Aber er ist ohne Alternative. Unternehmen verwalten sich ansonsten im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode. Wie ein solcher Weg aussehen kann, lässt sich der folgenden Grafik entnehmen.

Weitere Details lassen sich dem Buch „Innovation aus Leidenschaft – So gestalten Unternehmen kraftvoll eine passende Innovationskultur“ entnehmen.

Innovation aus Leidenschaft

Die Aufgabe dieser acht Schritte besteht darin, die Beteiligung der Belegschaft in der Breite zu fördern und den Widerstand der Betroffenen gegen den Kulturwandel aktiv aufzunehmen, damit zu arbeiten und zu minimieren. Weiterhin gilt es, für alle Beteiligten zu klären, wie die Attribute der neuen Innovationskultur aussehen sollen und was damit verbunden ist. Zu klären ist aber auch, was auf dieser KulTour unverändert bleiben kann. Der Prozess sieht weiterhin vor, konkrete Maßnahmen zu definieren, die einzuleiten sind, um eine Dynamik für den Kulturwandel zu schaffen sowie Aktionen zu identifizieren, um Verantwortlichkeiten festzuhalten, um die Führungskräfte wirkungsvoll in zielorientiertes Handeln zu bringen.

Mut zur emotionalen Kommunikation

Beyond hat mit #16 zuletzt eine eigene hervorragende Ausgabe dem Thema der Veränderungskommunikation gewidmet. Die wesentlichen Aussagen sollen an dieser Stelle nicht wiederholt werden und die Lektüre dieser Ausgabe vom vergangenen Herbst ist empfohlen.

Doch auf einen Punkt möchte ich gerne noch im Detail eingehen: Das, was ich in den meisten Unternehmen zum Thema Change Communications sehe, ist nicht wirkungsvoll. Warum? Weil es einerseits technisch und rational ist. Eine mitunter endlose Abfolge von Sachargumenten und weil es sich andererseits in hohlen Phrasen und Plattitüden ergeht, die dann mittels irgendwelcher Gadgets ins Unternehmen geblasen werden.

Um Menschen mitzunehmen, brauchen wir den direkten Zugang zu ihrem Limbischen System. Um nicht den Umfang dieses Textes zu sprengen, machen wir nur einen Miniausflug in unseren Kopf. Dieser soll verdeutlichen, warum Storytelling wirkungsvoll ist und wir mit Geschichten und Bildern vor allem die Emotionen ansprechen sollten. Der jüngste Teil unserer Großhirnrinde ist der Neocortex. Dieser ist verantwortlich für rationales und analytisches Denken, sowie für die Sprache.

Ein weiteres wichtiges Teil unseres Hirns ist das Limbische System. Dieses ist verantwortlich für unsere Gefühle, unser Verhalten sowie – Achtung ganz wichtig – für unsere Entscheidungen. Die Antwort auf die Frage, mache ich mit oder nicht, entscheidet sich genau dort. Das Limbische System ist aber nicht mit der Sprache verknüpft. Damit fällt es uns so schwer, unsere Gefühle in Sprache zu fassen, also rationalisieren wir das, was wir meinen zu fühlen.

Wenn wir also im Wege der klassischen Veränderungskommunikation die Menschen mit einer großen Zahl von rationalen Informationen bedienen, dann werden diese im Neocortex verarbeitet. Aber ein verändertes Verhalten wird dadurch nicht hervorgerufen, ebenso wenig werden Entscheidungen getroffen. Beide haben ihren Ursprung im Limbischen System. Dieses adressieren wir nur mit Emotionen.

Auch wenn es vielen Managern nicht gefällt, der Mensch ist kein rationales Wesen. Er ist ein emotionales Wesen, das auch Vernunft hat. Wenn wir also Veränderungen initiieren wollen, müssen wir mittels von Geschichten und Bildern die nötigen Emotionen erzeugen, damit im Limbischen System unserer Mitarbeitenden die Entscheidung zugunsten der neuen Kultur getroffen wird. Hüten wir uns also vor auf rationalen Zahlen, Daten und Fakten basierter Information und wecken stattdessen lieber eine tief emotional verankerte Sehnsucht nach Innovationen aus Leidenschaft.


Der Beitrag ist ebenfalls in der Beyond #19 erschienen. Erfahren Sie mehr!

Hier geht es zur BEYOND #16 zum Thema Change Management.

Frank Weber

Frank Weber ist Inhaber von weber.advisory, Dozent, Autor und Podcaster. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Entwicklungs- und Veränderungsvorhaben und deren Wirksamkeit sowie dem und dem Aufbau von Innovationsfähigkeit in Unternehmen.

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