Raus ins Rampenlicht: Wie mittelständische Firmen erfolgreich eine Arbeitgebermarke verankern

Raus ins Rampenlicht: Wie mittelständische Firmen erfolgreich eine Arbeitgebermarke verankern
Bild: Unsplash

Der unterschätzte deutsche Mittelstand bildet das Rückgrat der Wirtschaft. Mehr als 99 Prozent der Unternehmen in der Bundesrepublik gehören laut dem Institut der deutschen Wirtschaft dem Mittelstand an. Dazu zählen Firmen, die einzeln betrachtet weniger als 500 Mitarbeiter*innen beschäftigen.

In ihrer Gesamtheit jedoch stellen sie mehr als 70 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland sowie über 80 Prozent der Ausbildungsplätze. Trotz dieser überwältigenden Zahlen plagt den Mittelstand ein entscheidendes Problem: Zu Unrecht haftet ihm ein angestaubtes, konservatives Image an, dabei ist Gegenteiliges der Fall. Der Sockel der deutschen Wirtschaft präsentiert sich bunt, vielfältig, werteorientiert – und nah beim Menschen. Ein Charakteristikum, das Arbeitnehmende in Großunternehmen oftmals vergeblich suchen.

Im sich zuspitzenden Problem des Fachkräftemangels in Deutschland wetteifern Unternehmen aller Größenordnung um fähiges Personal. Großkonzerne warten Arbeitnehmer*innen im sogenannten War of Talents mit aufmerksamkeitsstarken Imagekampagnen auf. Für mittelständische Firmen heißt es mehr denn je: Selbstbewusst Abgrenzung zu Wettbewerbern schaffen und raus aus der Muffel-Ecke! Auf dem Weg ins Ziel unterstützt der nachhaltige Aufbau einer Arbeitgebermarke. Denn wer erfolgreich Employer Branding betreibt und von positiver Reputation profitiert, hechelt nicht länger Konzernen hinterher, sondern schwingt im Gegenteil zum nachgefragten Vorreiter auf.

Say it out loud

Mittelständische Arbeitgeber*innen bieten viele Vorteile: Attribute wie flache Hierarchien, schnelle Entscheidungswege und ein familiäres Betriebsklima decken sich mit der Erwartungshaltung der neuen Arbeitnehmer-Generation. Die wünscht sich allem voran eine starke Unternehmenskultur, die von Vertrauen, Wertschätzung und Gestaltungsfreiheit geprägt ist. Doch um eigene Mitarbeitende als Fans zu gewinnen und gleichzeitig neue Talente zu überzeugen, kommen Unternehmen nicht umhin, sich in der Innen- wie Außenkommunikation als attraktive Arbeitgeber*innen aufzustellen. Hier liegt der Hase im Pfeffer. Denn als Fallstrick für mittelständische Firmen erweist sich häufig eine mangelnde Professionalität und Unsicherheit in der Kommunikation.

Ein Dilemma – unter dessen Auswirkungen mittelständische Firmen schon heute ächzen. Der Fachkräftemangel, zusätzlich befeuert durch die demografische Entwicklung in der Bundesrepublik, offenbart sich laut Institut für Mittelstandsforschung im Jahr 2022 als die größte Hürde für Betriebsleitende.1 Unternehmen, die High Potentials nicht locken, haben bereits kurz- bis mittelfristig das Nachsehen im Wettbewerb. Großunternehmen umgarnen, ihrem strahlenden Markennamen sei Dank, rar gesäte Talente mit großen Versprechungen und Budgets und graben mittelständischen Unternehmen das Wasser ab. Die erfolgreiche Implementierung und nachhaltige Pflege einer Arbeitgebermarke müssen Unternehmen perspektivisch in Fleisch und Blut übergehen, um auch in Zukunft am Markt zu bestehen.

Employer Branding leicht gemacht

Eine gelebte Unternehmenskultur zum Anfassen – das ist Employer Branding par excellence. Auf Langstrecke führt die interne wie externe Wahrnehmung als attraktiver Arbeitgeber zu immensen Kosteneinsparungen für aufwendige Recruiting-Prozesse sowie einer steigenden Qualität der Bewerber*innen. Dieser Erfolg fußt primär auf einem eindeutigen und lebendigen Arbeitgeber-Bild, das Unternehmen zielgruppengerecht und glaubhaft über alle Kanäle hinweg kommunizieren. Um das Best-Case-Szenario zu realisieren, müssen sich Firmen ihrer Corporate Identity und Alleinstellungsmerkmale bewusst sein. Dem Grundstein im Entwicklungsprozess einer Employer-Branding-Strategie gehen daher einige elementare Fragen voraus:

  • Wo liegen die unternehmerischen Stärken und Schwächen?
  • Wie treten die Mitbewerber*innen im direkten Wettbewerb auf?
  • Welche Bedürfnisse und Erwartungen hegen die Wunschkandidat*innen?
  • Welche Arbeitskultur besteht aktuell, welche bestand bisher und warum?
  • Von welchen Benefits profitiert die Belegschaft? Welche Leistungen bieten die Mitbewerber?

Eine breit angelegte Mitarbeiterbefragung über die verschiedenen Hierarchie- und Fachebenen eines Unternehmens hinweg unterstützt hier als verlässliche Bestandsaufnahme und zeichnet ein realitätsnahes Bild. Workshops im Kreise ausgewählter Arbeitnehmer*innen stattfinden zu lassen, verfehlt an dieser Stelle seinen Zweck. Im Verhältnis zur Firmengröße kleine Arbeitsgruppen bilden mit hoher Wahrscheinlichkeit einen äußerst spezifischen Markenkern aus, der im schlimmsten Fall von der erlebten Realität der Belegschaft abweicht. Solche Diskrepanzen bergen das Risiko, ein Unternehmen von innen heraus massiv zu destabilisieren. Die Idee, Unternehmen eine Arbeitgebermarke im Schnellverfahren überzustülpen, ist klar zum Scheitern verurteilt.

Innen wirkt nach außen

Eine gelungene Employer-Branding-Strategie schenkt Mittelständlern eine einzigartige Handschrift – vorausgesetzt die Entwicklung einer Arbeitgebermarke wird zur Management-Aufgabe erklärt und unternehmensweit auf allen Ebenen umgesetzt. Lediglich ein Konglomerat an Kommunikationsmaßnahmen zu aktivieren, erweist sich als wenig zielführend. „Innen wirkt nach außen“, lautet das Motto. Unternehmen, die orientierungslos den Platzhirschen hinterhereifern und Arbeitnehmer*innen voreilig Benefits zusichern, riskieren neben steigender Mitarbeiterfluktuation auch einen Reputations- und nicht zuletzt wirtschaftlichen Schaden. Wer Zeit und finanzielle Mittel in Recruiting- und Onboarding-Prozesse investiert, frisch Angestellte aufgrund enttäuschter Erwartungen jedoch kurzfristig verliert, schmälert den Return on Investment des Humankapitals und provoziert weitere Kündigungen.

Maßgeblich für den langfristigen Erfolg von Employer Branding ist vielmehr eine klare Definition der Eckdaten einer Arbeitgebermarke. Die sogenannten Employer Value Propositiones, kurz EVP, formen die zentralen Kernwerte eines Unternehmens. Als Schlüssel zu authentischer Arbeitgeberkommunikation treiben sie das Empfehlungsmarketing an. Denn wo Unternehmen wahrheitsgemäß kommunizieren, erwachsen Mitarbeitende zu Fans und agieren in der Öffentlichkeit als wirksame Brand Voices. Der Etablierung der EVPs sollte bestenfalls eine Imageanalyse vorausgehen, um so für Klarheit bezüglich des Firmenselbst- und -fremdbilds zu sorgen. Welchen Eindruck hat die Öffentlichkeit von einem Arbeitgeber? Welche Emotionen löst ein Unternehmen bei Arbeitnehmer*innen aus? Ein solcher Soll-Ist-Vergleich verdeutlicht mögliche Diskrepanzen und beugt Konsequenzen wie Imageschäden, Abwanderungseffekte und Glaubwürdigkeitsverluste von Anfang an vor.

Der Fisch stinkt vom Kopf

Die Formung einer beständigen Arbeitgebermarke geht Hand in Hand mit der Entwicklung eines Unternehmens und erklärt den Vorgang damit zur Chefsache. Employer Branding authentisch und auf ganzer Strecke zu leben, bedeutet weit mehr als die Integration dessen in einzelne Arbeitsbereiche, wie beispielsweise Marketing oder Human Resources. Als attraktiver Arbeitergeber in Erscheinung zu treten, muss zur langfristig angelegten Zielsetzung von Unternehmen erwachsen und sollte auf der Prioritätenliste ganz oben ranken. Nur so gelingt es, Mitarbeitende als Fans zu gewinnen, die Retention zu steigern und überdies in den Köpfen neuer Talente stattzufinden. Firmen, die Mitarbeiter-Benefits gezielt herausarbeiten und smart kommunizieren, fällt es erheblich leichter, offene Stellen zu besetzen und die Produktivität auf einem hohen Level zu erhalten – sinkende Kosten im Bewerbungsprozess inklusive. Mit Blick auf den Entwicklungserfolg eines Unternehmens ein signifikantes Element. Neue Mitarbeitende beflügeln, mit wertvollen Einblicken ins Marktgeschehen im Gepäck, die Dynamik einer Firma und tragen zur Stärkung und Sicherung der Wettbewerbsposition bei.

Attraktive Arbeitgeber liegen bei einigen relevanten Erfolgsmerkmalen sichtbar vorne und erweisen sich als deutlich leistungsfähiger als unattraktive Unternehmen. Zu diesem Schluss kommt eine zeag Studie aus dem Jahr 2021, in Zusammenarbeit mit dem Leadership Institute der Universität St. Gallen. Das Unternehmenswachstum attraktiver Arbeitgeber liegt 28 Prozent über dem von weniger attraktiven Firmen, beflügelt von einer 23 Prozent höheren Mitarbeiterproduktivität und einer 24 Prozent höheren Innovationskraft. Um 19 Prozentpunkte hebt sich die gesamte Unternehmensleistung ab. Und auch auf die weichen Erfolgsfaktoren nimmt eine hohe Arbeitgeberattraktivität positiv Einfluss: Zufriedene Mitarbeiter*innen fühlen sich ihrem Arbeitgeber verbunden, empfinden dessen Erfolge als persönliche Meilensteine und identifizieren sich mit dem ethisch-moralischen Wertesystem des Unternehmens. Sie empfinden ihre Arbeit als interessant und herausfordernd. Auf eine gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit von 18 Prozent beruft sich hier die zeag Studie. Daraus resultiert auch eine deutlich reduzierte Kündigungsabsicht, die Firmen auf lange Sicht dabei unterstützt, kostbares Organisationswissen im Unternehmen zu sichern.  

Ausblick

Fest steht: Selbst in boomenden Branchen ist Wachstum ohne das Zutun qualifizierter Mitarbeiter*innen nur schwer möglich. Um ihr Fortbestehen zu garantieren, kommen mittelständische Unternehmen künftig nicht umhin, die Extrameile zu gehen. Bewerbungsgespräche sind längst schon keine Einbahnstraße mehr – und der Faktor Gehalt als ausschlaggebendes Argument in der Personalgewinnung allein nicht mehr wirksam. Kluges Employer Branding implementiert ein Arbeitgeberversprechen in Unternehmen, bezirzt nach außen subtil und wirksam High Potentials und stärkt eine Firma gleichzeitig von innen heraus. Lebendige Arbeitgebermarken festigen die Mitarbeiterbindung, parallel dazu wächst auch die Loyalität und Leistungsbereitschaft innerhalb der Belegschaft. Per steigender Identifikation von Arbeitnehmer*innen mit einem Unternehmen nimmt auch die Produktivität und Innovationskraft Fahrt auf und zahlt auf diesem Weg nachhaltig auf Unternehmensleistung und das gesamtunternehmerische Wachstum ein.

Silke Marusat

Silke Masurat ist Gründerin und Geschäftsführerin der zeag GmbH, dem Zentrum für Arbeitgeberattraktivität. Dort fördert sie im Rahmen des TOP JOB-Programms die Arbeitsplatzkultur und Nachhaltigkeit von Unternehmen inklusive regelmäßig erscheinender Studien zur deutschen Arbeitskultur. Masurats Leidenschaft für den Mittelstand zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Berufsleben: Eine langjährige Tätigkeit als PR-Managerin und Prokuristin mündet in der Funktion der geschäftsführenden Gesellschafterin für die compamedia GmbH. Ihr Studium der Politik- und Verwaltungswissenschaften absolviert Silke Masurat an der Universität Konstanz. Daran knüpft sie eine Weiterbildung im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit an. 

Silke Masurat auf LinkedIn
Mehr zur zeag GmbH unter: www.topjob.de


1 https://www.ifm-bonn.org/presse/pressemitteilungen/meldung/zukunftspanel-mittelstand-fachkraeftemangel-bleibt-groesste-herausforderung

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