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Toolbox-Kolumne, Teil 8: Tetralemma – so lassen sich Entscheidungsblockaden lösen

Bild: Unsplash

Kolumne „Toolbox“ von Ulrike Führmann

Sie können sich zwischen zwei Möglichkeiten nicht entscheiden und befinden sich in einem Dilemma? Dann könnte das Tetralemma mit vier Möglichkeiten für Sie hilfreich sein. Oft denken wir in Gegensätzen z. B. persönliche Kommunikation gegen digitale Kommunikation, Blockierer gegen Unterstützer, Newsroom gegen klassische Kommunikationsabteilung. Das Tetralemma hebt diese Dualität auf und schafft weitere Wahlmöglichkeiten.

Mir gefällt diese Methode, weil sie unkompliziert anzuwenden und kreativ ist. Zudem eignet sie sich für Entscheidungen im Team oder auch im Einzel-/Selbstcoaching. Probieren Sie es doch einfach mal aus.

Entscheidungsmöglichkeiten durch vier Positionen erweitern

Im Tetralemma gibt es vier Positionen:

I. das Eine
Dies ist die Möglichkeit oder die Lösung, zu der wir tendieren und die wir für die im Moment beste halten.

II. das Andere
Diese Möglichkeit finden wir weniger geeignet und lehnen sie „eigentlich“ ab. So ganz sicher sind wir uns aber nicht.

III. beides – sowohl als auch
Hier muss keine Entscheidung zwischen „dem Einen“ und „dem Anderen“ gefällt werden. Beide Möglichkeiten werden so verbunden, dass Neues entstehen kann. Bei dieser Position braucht es manchmal etwas mehr Zeit, um neue Ideen zu finden. Die Gedanken wandern dann noch zwischen dem Einen und dem Anderen hin und her, bevor sich das „sowohl als auch“ herauskristallisiert. In der Grafik unten zeigt sich dieses „Wandern“ wie seismografische Schwingungen.

IV. keines von Beidem – weder noch
Hier können Lösungsideen entstehen, die weder „das Eine“, noch „das Andere“ und auch kein „sowohl als auch“ beinhalten. Die Lösung liegt dort, wohin noch gar nicht gedacht wurde. Auch hier braucht es manchmal etwas länger, bis neue Ideen entstehen.

Tetralemma

So funktioniert das Tetralemma in der Praxis

Eine Leiterin der internen und externen Kommunikationsabteilung will ein strategisches Konzept entwickeln und überlegt, ob sie es alleine oder im Team tut. Im Prinzip ist es keine große Entscheidung, aber sie fühlt sich blockiert und nutzt das Tetralemma im Selbstcoaching.

Sie schreibt zunächst die vier Positionen auf Moderationskarten und verteilt sie im Raum:

I. das Eine
II. das Andere
III. sowohl als auch
IV. weder noch

Wenn Sie nicht die Möglichkeit haben, im Raum umherzuwandern oder Ihnen die „Raumarbeit“ noch fremd ist, wählen Sie vier Stühle als Positionen, auf die Sie wechseln. Wenn dies auch nicht möglich ist, nehmen Sie die Moderationskarten jeweils einzeln in die Hand und wägen („wiegen“) sie sie ab.Sie begibt sich zur ersten Moderationskarte „das Eine“ und spricht ihre Position aus: „Ich entwickle alleine ein Kommunikationskonzept“. Dann prüft Sie ihre Gedanken und Körperreaktionen. Was kommt ihr in den Sinn, wenn sie das Konzept alleine entwickelt? Was wäre der Nutzen? Wie fühlt sich das an? Die Leiterin spürt einen gewissen Erfolgsdruck und fragt sich, wie sie das Konzept hinterher ihrem Team verkaufen soll. Gleichzeitig fühlt sie sich als Leiterin in der Führungsverantwortung, ein Konzept selbst zu entwickeln. „Ich bin Leiterin und von mir wird strategische Arbeit erwartet.“

Anschließend wandert die Leiterin zur zweiten Moderationskarte „das Andere“. Auch hier spricht sie die Möglichkeit aus: „Ich entwickle gemeinsam mit dem Team das Konzept.“ Hier spürt sie eine Erleichterung. „Ich muss nicht alleine arbeiten und kann mich abstimmen.“. Gleichzeitig können nicht alle im Team strategisch arbeiten und sind auch nicht daran interessiert.

Auf ihrer nächsten Station „Sowohl als auch“ versucht die Leiterin beide Positionen zu verbinden. Hier kommen ihr zwei Ideen: Sie könnte Vorgaben entwickeln, die ihr bei der Konzepterstellung wichtig sind und die bei der Erarbeitung mit dem kompletten Team als Richtschnur dienen. Und sie könnte ihr Team fragen, wer an dem Konzept mitarbeiten möchte bzw. wer es sich zutraut. Bei diesen beiden Ideen fühlt sie Energie und auch Zuversicht, das Konzept erfolgreich entwickeln zu können.

Bei der vierten Moderationskarte – „Keines von beiden“, kommt ihr die Idee, ein Konzept außerhalb Ihres Teams zu entwickeln. Sie könnte Führungskräften, Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen aus anderen Abteilungen zu einem Workshop einladen. Sie spürt dieser Idee nach: Auf der einen Seite hat sie zwar Lust darauf, fühlt sich aber beim Gedanken an die unterschiedlichen Erwartungshaltungen überfordert.

In einer Abschlussrunde zieht die Leiterin ein Fazit und prüft noch einmal ihre Ideen. Sie findet die „sowohl als auch“-Variante am stimmigsten, will aber noch eine Nacht darüber schlafen.Empfehlung für die Praxis: Ursprung aufspüren
Manchmal ist es auch hilfreich zu überlegen, wie das ursprüngliche Dilemma entstand und was für Glaubenssätze dahinterstehen. So hätte sich die Leiterin im Beispiel gleich zu Anfang die Frage stellen können, wieso sie meint, ein Konzept alleine entwickeln zu „müssen“.

Ursprung in der systemischen Strukturaufstellung
Das Tetralemma entstammt der indischen, vom Buddhismus geprägten, Logik und wurde von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd für den Bereich der systemischen Strukturaufstellungen adaptiert. Ich habe die Vorgehensweise für den Einsatz in der internen Kommunikation stark vereinfacht. So arbeiten Sparrer und Varga von Kibéd zum Beispiel mit stellvertretenden Personen für die einzelnen Positionen. Sie schlüpfen also in die Rollen der vier Positionen und sprechen aus diesen heraus.

Interne Kommunikation trifft auf systemische Organisationsentwicklung
Das Tetralemma gehört in den Werkzeugkoffer der systemischen Beratung. Falls Sie Lust haben, weitere systemische Werkzeuge und auch die Haltung dahinter kennenzulernen, könnte das Seminar „Interne Kommunikation trifft auf systemische Organisationsentwicklung“ interessant für Sie sein.

Ihre Ulrike Führmann

Ulrike Führmann berät und begleitet Unternehmen und Organisationen auf ihrem Weg zu einer wirkungs- und sinnvollen internen Kommunikation, zur Veränderungs- und Teamkommunikation sowie zur Organisationskultur. Sie ist zertifizierte PR- und Change-Managerin, systemische Organisationsentwicklerin (SG) und systemische Supervisorin und Coach (DGSv/SG). Für den INKOMETA-Award für erfolgreiche interne Kommunikation sitzt sie in der Finaljury. Zusammen mit Klaus Schmidbauer hat sie die Praxisbücher „Interne Kommunikation mit Weitblick“ und „Wie kommt System in die interne Kommunikation?“ veröffentlicht. Regelmäßig schreibt sie auf ihrem IK-Blog zu Trends und Themen der internen Kommunikation.

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